Autor Thema: Diabetes und Kraftsport?  (Gelesen 31424 mal)

Offline rantanplan091077

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Diabetes und Kraftsport?
« am: August 10, 2013, 10:45 »
Hallo liebes Forum!

Seit meiner OP im Februar 2012 (Pankreasresektion, Entfernung eines Teils meiner Bauchspeicheldrüse) leide ich am sogenannten Typ III - pankroptiver Diabetes. Ähnelt dem Typ II. Festgestellt wurde der erst im Februar diesen Jahres und ich bin nun nach einer weniger erfolgreichen Therapie mit Tabletten (Metformin und Glimeperid) seit einer Woche mit schnellwirkendem Insulin (Apidra) in Einstellung. Mein Zielwert für den Zucker lautet 120 bei 35 Jahren.

Meine Frage die ich hier gerne äußern würde: was muss ich beachten, wenn ich nach der Arbeit 2-3 mal die Woche Kraftsport betreibe und wie bekomme ich Muskulatur aufgebaut?

Das Problem ist, dass ich seit letztem Jahr auch gut Gewicht verloren habe, was ja an sich schonmal nicht schlecht ist. Bei 2 Meter Körpergröße von 143 auf 108 kg runter ist schonmal ein Wort. Nun möchte ich es vermeiden, noch mehr Gewicht zu verlieren (sieht dann irgendwann nicht mehr schön aus,  weil die Haut sich nicht so schnell zurückbildet) und suche daher Tipps, um Kraft und Muskeln zu gewinnen. Mein Fettanteil liegt derzeit immernoch bei ca. 21% und ich stagniere mit dem Muskel- und Kraftaufbau schon eine ganze Weile.

Liege ich richtig wenn ich behaupte: Kraftaufbau ist sowieso erst möglich, wenn ich richtig eingestellt bin?

Mir drängen sich da viele Fragen auf, z. B. vorm Sport spritzen ja oder nein!?

Ich hoffe hier gibt es schon einige erfahrene Leute, die mir ein paar Tipps geben können wie ich mich da verhalten soll ....

Lieben Dank vorab

Andy

Offline ralfulrich

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Re: Diabetes und Kraftsport?
« Antwort #1 am: August 10, 2013, 14:29 »

Meine Frage die ich hier gerne äußern würde: was muss ich beachten, wenn ich nach der Arbeit 2-3 mal die Woche Kraftsport betreibe und wie bekomme ich Muskulatur aufgebaut?

Liege ich richtig wenn ich behaupte: Kraftaufbau ist sowieso erst möglich, wenn ich richtig eingestellt bin?

Mir drängen sich da viele Fragen auf, z. B. vorm Sport spritzen ja oder nein!?


Hallo Andy,

Sport bei DM 2/3 ist immer gut, auch Kraftsport. Metformin in Kombination mit Glimeperid könnte allein aber schon eine Hypoglykämie auslösen, wenn auch selten. Ich würde ggf. den BZ messen und Traubenzucker bereit halten. Die Symptome einer Hypo kennst Du?

Zusätzliches schnelles Insulin macht die Sache komplizierter. Einem Anfänger würde ich raten erst mit Sport zu beginnen, wenn kaum noch gespritztes Insulin wirkt d.h. so nach 2-3 Stunden. Soll der Sport früher stattfinden würde ich in Deinem Fall die Insulindosis halbieren oder auch ganz weglassen und den BZ häufiger messen. Auf jeden Fall immer Traubenzucker bereit halten! Wieviel Insulin pro BE nimmst Du?

Für Sport/Kraftaufbau jeder Art gibt es keine vorgegebene feste BZ-Einstellung. Da ist viel Fingerspitzengefühl und eigene Erfahrung nötig. Den Zielwert vor Sport sollte auch höher als 120 mg/dl sein!

Grüße
Ralf
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Offline Adrian

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Re: Diabetes und Kraftsport?
« Antwort #2 am: August 10, 2013, 15:04 »
Kurze Frage: Wenn Teile des Pankreas nicht mehr da sind, und zwar unter anderem die, die Insulin Produzieren, dann entspricht das doch eher einem Typ1 (mit Remission), oder nicht?

Vielleicht hilft die Beantwortung dieser Frage ja, die Situation neu zu sortieren.
Cozmo mit Humalog 

Offline Adrian

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Re: Diabetes und Kraftsport?
« Antwort #3 am: August 10, 2013, 15:13 »
Noch etwas: Kraftaufbau ist ziemlich schnell möglich. Der erste Schub beim Kraftaufbau ist nämlich die intermuskuläre Koordination. Muskelfasern, die schon da sind, aber nicht mitarbeiten können dann aktiviert werden. Masseaufbau braucht länger.

Während der Haupt-Einstellungphase (3 - 4 Wochen) beim Typ1-Diabetier ist Sport natürlich ein Störfaktor. Bei noch starkem Eigeninsulin kann Sport sogar Teil der Therapie sein, indem der Insulinbedarf gesenkt wird und der Körpereigene Insulin-Anteil am gesamten Insulinbedarf somit gesteigert wird. Da der körpereigene Anteil vom Körper "automatisch" gesteuert werden kann, kann das die Therapie sehr vereinfachen.

lg
Adrian
Cozmo mit Humalog 

Offline Klimbim2012

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Re: Diabetes und Kraftsport?
« Antwort #4 am: August 10, 2013, 15:28 »
Hallo Andy,

ich handhabe das so, das ich die Mahlzeit vor dem Sport nicht spritze, und gehe dann lieber mit erhöhten Wert
in den Sport, - oder esse wenn der Wert zu niedrieg ist noch lange BE. Zur Zeit sinkt mein BZ beim Sport um 50,
ohne das ich Insulin hatte, so z. B. heute nüchtern BZ 110, dann kleinen Müsli ( um 70 Gramm ), auf dem Weg zum Sport ein Brötchen, vor Sport BZ 137, Sport 30 min Rad, 45 Geräte, 15 PMR, und noch 10 Cross, knapp 2 Std. Power,
zwischen durch paar Mentos ( ca. 5-8 ) vor Duschen 82 BZ ...., doch ich habe auch viel probiert, und auch erkannt,
wenn ich zur letzten Mahlzeit vor Sport spritze, muss ich zum Sport zu essen, damit ich mit entsprechenden höheren BZ in den Sport gehe, aber auch mit volleren Bauch! Entscheident ist, das doch ne menge BZ abgebaut wird, zu mindest bei mir!

Ich glaube das ist eine Sache, die so wie andere auch ausprobiert und getestet werden müssen, - wichtig ist dabei
für mich den BZ vor Sport zu messen, - und bevor ich nach dem Sport unter die Dusche gehe, - da ich sonst ggf. unter
der Dusche eine Unterzuckerung bekommen kann, - denn wenn ich vom Sport ausgepowert bin, spühre ich nicht unbedingt, das mein BZ im Keller ist, weil ich noch Power im Körper habe .... Und beim Sport immer was süßes in der Hosentasche ( Traubenzucker oder Mentos .... )!

Zu mir: ich bin unsportlich, so mancher Rentner hat mehr Power .... ach ja noch eins, du kannst entsprechend auch deinen Faktor zu Sport verringern, - und solltest auch daran denken, - das nach dem Sport ggf. weiterhin für eine Zeit lang weniger Insulin benötigt werden, - so jeden falls bei mir, das ich um die hälfte IE weniger am Sporttag habe!
Doch das ist unterschiedlich, - das habe ich auch nur durch ausprobieren erkannt!



Viel Spaß beim Sport!
Gruss KB

Feststellung: 2005 Hämochromatose ( Eisenspeicherkrankheit ), 09/2012 Diabetes 1, 2, oder 3 ... ob es stimmt oder nicht, das sagt Euch das Licht.
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Offline Klimbim2012

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Re: Diabetes und Kraftsport?
« Antwort #5 am: August 10, 2013, 15:34 »
Bei noch starkem Eigeninsulin kann Sport sogar Teil der Therapie sein, indem der Insulinbedarf gesenkt wird und der Körpereigene Insulin-Anteil am gesamten Insulinbedarf somit gesteigert wird. Da der körpereigene Anteil vom Körper "automatisch" gesteuert werden kann, kann das die Therapie sehr vereinfachen.

lg
Adrian

Genau!
Gruss KB

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Offline Joa

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Re: Diabetes und Kraftsport?
« Antwort #6 am: August 10, 2013, 23:40 »
Hallo Andy,
Mir drängen sich da viele Fragen auf, z. B. vorm Sport spritzen ja oder nein!?
Das wird auch von insulindopenden Nichtdiabetikern vor Kraftübungen gemacht (z.B. Mukibude), in der Absicht den Muskelaufbau zu forcieren.

Wie sind denn bei Dir die Blutzuckerwerte, wenn Du trainierst?

Gruß
Joa
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Offline rantanplan091077

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Re: Diabetes und Kraftsport?
« Antwort #7 am: August 11, 2013, 19:59 »
Kurze Frage: Wenn Teile des Pankreas nicht mehr da sind, und zwar unter anderem die, die Insulin Produzieren, dann entspricht das doch eher einem Typ1 (mit Remission), oder nicht?

Vielleicht hilft die Beantwortung dieser Frage ja, die Situation neu zu sortieren.

Lieben lieben Dank für die ganzen Antworten!  ;D Wow...

@Adrian: Hm, also mich haben Sie als Typ II eingestuft, auch beim zugehörigen Programm in der Krankenkasse, also ich denke mal das wird schon stimmen was die Ärztin da diagnostiziert hat...

@Ralf-Ulrich:Zur Zeit habe ich Faktoren 2 - 1 - 1,5 pro BE. Es könnte aber, so denke ich sieht es aus, noch ein Basal für die Nacht dazukommen bzw. die Faktoren werden sicherlich auch nochmal angepasst. Das erfahre ich am Donnerstag, da meine Morgenwerte doch schon noch hoch sind (200-230 rum), daher wohl Dawn-Phänomen. Glime und Metformin habe ich abgesetzt. Die Glime mit Beginn des Spritzens, die Metformin gehen mir scheinbar sehr auf die Verdauung, so dass ich die Ärztin gebeten habe, dies mal vorübergehend rauszunehmen um zu sehen, ob es sich verbessert. Ich würde es doch favorisieren, ohne Tabletten eingestellt zu werden, wenn ich denn eh schon spritze.

@KlimBim: Ich werde morgen erstmals (bin ja erst eine Woche in Einstellung) die Werte vor und nach dem Sport nach der Arbeit nehmen um zu sehen, wie es da aussieht. Also ich nehme vorm Sport meistens so ca. ne Stunde davor einen Eiweißshake zu mir und vllt. noch ein Obst. Die Schulungsleiterin hat mir empfohlen, hierfür nur die Hälfte zu spritzen, also dann Faktor 0,5 praktisch. Ich werde aber morgen für den Anfang nur messen und vor der letzten Mahlzeit erstmal nicht spritzen, es sei denn der Wert ist drastisch zu hoch. Poste dann hier die Werte :-) Mit wieviel mg/dl mindestens sollte man denn den Sport mindestens beginnen? Dextro ist am Start und eine Unterzuckerung hatte ich am Freitag, macht sich bei mir durch leichte Schweißbildung und Zittern bemerkbar... :-\

Habe gestern mal just for fun 15 Messungen gemacht, also stündlich, witzigerweise hatte ich zwischen 23:30 und 00:30 Uhr nachts einen Abfall von über 100 mg/dl von 230 auf 130, hatte gegen 20:00 Uhr bei McDonalds gespeist (grins, muss mal sein) und dafür reichlich Einheiten (22 BE, also 33 IE) gespritzt. Dann waren die Werte Konstant und Schwubbs, gings auf einmal übelst runter. Das einzige was ich noch zu der Zeit zu mir genommen hatte war ein 0,33er Bier. Aber davon allein kann das nit kommen, oder?

Offline Klimbim2012

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Re: Diabetes und Kraftsport?
« Antwort #8 am: August 11, 2013, 21:30 »
bei 22 BE ..... - was haste denn da gegessen ???? 5 und mehr Hamburger?

Guck mal hier: http://fddb.info/db/de/lebensmittel/mc_donalds_hamburger/index.html

da schaue ich immer mal rein wenn ich mir die IE ermittle!

Schreib doch mal dein Verlauf Uhr/BZ .... ggf. BE und IE, ich habe anfangs auch es versucht zu analysieren,
jedoch solltest du da mehrere Tage berücksichtigen!

Beim Sport handhabe ich das so, - doch das ist meine Verfahrensweise - da muss jeder für sich einen Weg finden,
bin ich der Meinung, - denn eines ist auf jeden Fall klar, mit körperlicher Aktivität, auch Sport, sinkt dein BZ schneller
und zusätzlicher, - deshalb ist meiner Meinung zu berücksichtigen, wann hast du vor dem Sport zu letzt gegessen,
und wieviel gespritzt!
Ich gehe auf jeden Fall mit erhöhten BZ in den Sport, und zur Zeit vorher ein Brötchen gegessen ohne IE, allso lange BE,
die lange vorhalten, .... Mein BZ liegt schon mal bei 140 (ohne Insulin gespritzt zu haben ), habe dann Traubenzucker oder Mentos dabei, - und bin dann nach dem Sport bei 80, und dann gibts erstmal schluck kola .... - doch das sollte jeder für sich ausprobieren, - wichtig finde ich halt, messen vor Sport ggf. im Sport, und auf jeden Fall vor duschen ...
probier es aus!

Ich mache es jetzt lieber das ich vor Sport nicht Spritze ( bei Faktor 0,5/0,5/1 normal) da meine BS wohl noch gut was schafft! So heute auch Rad gefahren vorher BZ 107, erstmal bei Pommesbude mir Pommes gegönnt, ohne zu spritzen, gerechnet 4 BE, dann 3 Std. Rad gefahren, lag mein BZ bei 90, hab schluck Kola getrunken .... - kann nächstes mal auch wieder ganz anders sein! Es ist leider so, ausprobieren, - ein Rezept kenne ich da nicht, - doch glaube ich, das es steuerbar ist!

Ja, das der BZ aufeinmal rasant abfällt habe ich auch mal erlebt,
wie weit das am Alk. liegt, weiß ich nicht, - da ich das Zeug zu Glück seit 2 1/2 Jahre nicht mehr brauche, und hoffentlich auch nie wieder anrühre!
Unterzuckerungen hatte ich anfangs auch, - so für mich die Erfahrung gewonnen, mit der Übung des eigenen Management, werden es weniger! Ich denke mal, das kann schon mit Insulin gesteuert werden,
vielleicht auch besser als mit Medies, - vielleicht weiß jemand da was zu schreiben?

Mal sehen was die anderen meinen!

Und bleib an einer Schulung dran, ist meine Meinung!
Wieviel BE oder KE hast du am Tag?

Gruß
KB2012
« Letzte Änderung: August 11, 2013, 21:55 von Klimbim2012 »
Gruss KB

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Offline Adrian

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Re: Diabetes und Kraftsport?
« Antwort #9 am: August 11, 2013, 21:54 »
@Adrian: Hm, also mich haben Sie als Typ II eingestuft, auch beim zugehörigen Programm in der Krankenkasse, also ich denke mal das wird schon stimmen was die Ärztin da diagnostiziert hat...
Gut, ich hätte es als am nähesten zu einem LADA gesehen.
Aber für deinen speziellen Typ wird es kein Überwachprogramm der Krankenkasse geben. Das wird also eine eher Bürokratische Einteilung sein. Wenn deine Therapie aber nahe einer (der vielen möglichen) Typ2-Therapie ist - warum auch nicht?
Zitat
... also 33 IE
Es gibt da eine Faustformel:
7IE schnell wirkendes Insulin brauchen 2,5 Stunden um zu 90% aus dem Unterhautfettgewebe resorbiert zu werden. Dreifache Dosis -> Doppelte Dauer.

Bei 33IE würde es also 6,65 Stunden brauchen, bis 90% resorbiert sind. Dass dann bis 4,5 Stunden (20h bis 00:30h) später das Insulin stark wirkt, halte ich für ganz normal.

Erstmal aus rein akademischem Interesse: Wurde bei dir die Insulinrestwirkung ermittelt? Das macht man mittels C-Peptid-Test. Eventuell sogar nüchtern und stimuliert durch ein Medikament?

lg
Adrian
Cozmo mit Humalog