Radio Eriwan würde sagen "Das kommt darauf an".
Dazu muss man erstmal wissen, was das überhaupt soll mit dieser Hypo.
"Hypo" ist ja die griechische Vorsilbe für "Unter" und eigentlich meinen wir Diabetiker damit "Hypo-glyk-ämie".
'Glyk' deutet darauf hin, daß es mit Zucker zu tun hat, 'ämie' sagt, es hat mit dem Blut zu tun. Also eine "Unterzuckerung im Blut"
Zucker wird ja von vielen Körperzellen zu Energie umgewandelt, mit der die Zellen dann funktionieren können. Keine Energie - keine Funktion. Deswegen können manche Zellen Energie speichern (z.B. als Glyko-gen = "aus Glucose entstanden") um so einen Versorgungsengpaß auszugleichen.
Manche Zellen können das aber nicht. Und das sind vor allem die Nervenzellen. Aus diesen Nervenzellen besteht ja auch das Gehirn, und das steuert so lebenswichtige Dinge wie z.B. die Atmung, das Denken, das Bewußtsein.
Jetzt kann man sich schon denken: wenn das Gehirn ausfällt, dann wird es lebensgefährlich.
Deswegen hat das Gehirn jede Menge Melder, die ständig überwachen ob auch noch genug Zucker im Blut ist. Wenn nicht, dann schlagen die Alarm, indem sie ein paar Hormone ausschütten:z.B. Adrenalin und Cortisol
Adrenalin ist unter anderem eine Nachricht an die Leber:"Hey, wir brauchen mehr Zucker, gib mal was aus deinem Speicher ab".
Cortisol hingegen sagt den Muskelzellen "Sorry, aber wir haben hier im Gehirn einen Notfall, lasst uns ein bißchen mehr Zucker übrig". (Für die Fachleute: das tut es, indem es die Insulinwirkung herabsetzt, so daß pro Insulinmolekül weniger Zucker in die Muskelzelle gelangt)
Adrenalin hat aber auch noch andere Wirkungen: Es erhöht die Herzfrequenz und den Blutdruck, bringt die Muskeln zum Zittern und die Schweißdrüsen dazu, mehr Schweiß abzusondern. Das ist das, was wir als Hyposymptome kennen.
Und warum fühlt man sich bei einer Hypo irgendwie benommen?
Das sind schon die ersten Anzeichen des Energiemangels im Gehirn. Da findet dann schon ein Umverteilung statt: Denken ist nicht so wichtig wie Atmen. Also wird bevorzugt das Atemzentrum im Kleinhirn versorgt.
Und jetzt zum Wichtigsten:
Der Körper lernt mit der Zeit, wieviel Zucker im Blut normal ist. Das kann man sich vorstellen wie in einer Badewanne: wenn man die mit heißem Wasser füllt und sich hineinsetzt ist es erstmal ganz schön heiß und man lässt sich nur zentimeterweise hineingleiten. Aber nach ein paar Minuten hat man sich daran gewöhnt und es ist behaglich.
So geht es auch den Helfern des Gehirns: die merken z.B. "Aha, der BZ ist ständig bei 400 mg/dl (22 mmol/l), da wird das schon normal sein".
Wenn jetzt der BZ sinkt, dann geht es für diese Helfer auf "unter normal" und sie fangen an sich zu rühren, um den Normalzustand wieder herzustellen.
Diese Helfer sind aber ziemlich schlau: sie können sich ausrechnen, wie lange es dauert von "ein bißchen unter normal" bis hin zu "lebensgefährlich unter normal".
Das ist wie in der Badewanne: wenn man nichts tut wird das Wasser langsam abkühlen und irgendwann denkt man sich "Hmm, ich könnte vielleicht mal ein bißchen warmes Wasser nachfüllen". Und irgendwann denkt man sich das nicht mehr nur, dann tut man das auch.
Anders wenn einen jemand ärgern will und einen großen Eimer Eiswasser in die Wanne kippt. Dann zuckt man sofort zusammen und versucht entweder aus der Wanne auszusteigen oder dreht sofort das warme Wasser voll auf. Warum? Weil sich die Temperatur schlagartig gesenkt hat.
Genauso machen es die Helfer beim BZ: wenn der schnell sinkt, dann schütten die nicht ein bißchen Hormone aus, die man auch - wenn überhaupt - nur ein bißchen bemerkt: die drehen ihren Hahn sofort voll auf und dann sind auch die Symptome viel heftiger.
Ist ja logisch: wenn ich weiß, daß der Bus in 30 Minuten abfährt und ich 1km entfernt bin, dann kann ich mir Zeit lassen.
Fährt er aber bei derselben Entfernung in 3 Minuten ab, dann muß ich schon lossprinten, um den nicht zu verpassen.
Zusammengefasst:
Je höher der durchschnittliche BZ, desto höher die Hyposchwelle, ab der der Körper Hormone ausschüttet um zu reagieren (und die wir dann als Hypo bemerken)
Je schneller der BZ sinkt, desto mehr Hormone werden ausgeschüttet und desto stärker bemerken wir die Hypo.
Deswegen kommt es bei der Beantwortung der Frage "Bei welchen Werten hat man denn eine Hypo?" darauf an: wie hoch ist der durchschnittliche BZ und wie schnell sinkt der BZ aktuell gerade ab.