Ich bin Grundschullehrerin mit eigener Klasse (jetzt 3.Schuljahr). Der Job macht mir sehr viel Spaß.
Ich arbeite gerne mit Kindern. Ich arbeite in einem "Stadtteil mit Erneuerungsbedarf" wie es so schön heißt. Früher sagte man "sozialer Brennpunkt" dazu. Migrantenanteil ca. 80%.
Meine studierten und hauptsächlich erteilten Fächer sind Mathematik, Sport (und Schwimmen) und Deutsch. An der Grundschule muss man recht flexibel sein und deshalb kann es auch vorkommen, dass ich mal ein Schuljahr lang Kunst, Musik oder auch Sachunterricht geben muss.
Leider habe ich vormittags nur selten eine wirkliche Pause. Unangemeldete Elterngespräche, Aufsichten, Kinder mit aufgeschlagenen Knien, Kollegen, die etwas besprechen wollen.... Da kommt es recht häufig vor, dass ich in der Schule weder messe noch etwas esse. Die pp-Werte vom Frühstück korrigiere ich demnach nur äußerst selten und ärgere mich, wenn ich am Mittag zu Hause feststelle, dass ich wieder stundenlang mit 180 rumgelaufen bin.
Außerdem liegt das Frühstück dann Stunden zurück und ich habe am Mittags zu Hause einen Heißhunger und schauffle alles in mich hinein, was ich gerade kriegen kann. Das ist dann nicht gerade gesunde Ernährung.
Die Schwerbehindertenvertretung sagt, ich solle mich zumindest schon einmal von den Pausenaufsichten befreien lassen. Das schafft zumindest etwas Luft.
Wie sag ich´s meinem Chef? Was sagen die Kollegen?
Ich habe meinen Diabetes nun 8 Jahre und hielt dies bisher nicht für nötig. Falsche Scham? Warum soll ich meine Rechte nicht in Anspruch nehmen? Man hat in der Schule am Vormittag wirklich häufig keine freie Minute. Von allen Seiten ziehen sie an einem.
Das Thema Klassenfahrt ist auch so eine Sache. Wer meint, dass sei Urlaub, der irrt sich gewaltig. 24 Stunden lang die Aufsicht über einen Sack Flöhe haben. Das ist irre anstrengend. Und unter Stress ist es besonders schwierig, seinen BZ unter Kontrolle zu haben.
Auf der Klassenfahrt, die ich zuletzt begleitet habe, hat sich ein Kind am Fenster die Fingerkuppe abgequetscht. Wir haben das Endglied noch gefunden und in einem Beutel mit Eiswürfeln ins Krankenhaus gebracht. (Die Herbergsmutter hatte angeblich kein Eis und verlangte von mir, dass ich ihr Speiseeis dafür abkaufte. Aber das ist ein anderes Thema) Nichts für schwache Nerven. Meine Kollegin ist dann stundenlang allein ( mit einer Referendarin) mit den restlichen 60 Kindern in der Jugendherberge geblieben, bis ich aus dem Krankenhaus zurück war. Damals hatte ich noch keinen Diabetes. Ich weiß nicht, wie ich diesen Stress heute verkraften würde.
Rein rechtlich kann ich die Klassenfahrt verweigern, da ich schwerbehindert bin. Aber hat mein Chef da Verständnis für? Und die Kollegen?
Diabetes ist ja kein Krebs und deshalb nicht so schlimm, ist die Meinung meiner Kollegen. Da ist man halt keine Süßigkeiten mehr und alles wird gut. Schließlich hat Oma X ja auch Diabetes und die ist schon 80 Jahre alt...
Ihr versteht, was ich meine?
Bisher habe ich keine Sonderregeln gebraucht und auch kein besonderes Verständis erwartet.
Aber wie eingangs beschrieben überdenke ich ja gerade meine Handlungsmuster und frage mich, was ich anders machen kann.