Autor Thema: Re: BZ-Spitzen nach dem Essen (War: Re: Wie ist das eigentlich mit der Insulinresistenz?)  (Gelesen 1944 mal)

hjt

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Moin Jörg,

die Insulinresistenz hatte ich hier wieder ausgegraben, weil sie aktuell im Initialartikel zum Raucher-Thread zur Erklärung des Typ2 herangezogen wurde, und weil ich inzwischen von ner ganzen Reihe Leute weiß, die z.T schon seit über 10 Jahren deutlich über der Referenzbereichsobergrenze beim C-Peptid liegen, aber BZ-mäßig wirklich völlig unauffällig sind. Sind alles Leute, die in ihrem näheren familiären Umfeld Diabetiker haben. Sonst wären sie nie auf die Idee gekommen, immer mal wieder entsprechende Tests zu machen.

Das heißt, die haben ne Insulinresistenz ohne DM, und nach aller Literatur, die ich bisher dazu gesehen habe, ist das eine mehr als weit verbreitete Angelegenheit und von daher tatsächlich bei näherem Hinsehen eigentlich nicht wirklich logisch zur Begründung eines Typ2. Zumal heute eigentlich allgemein bekannt ist, dass auch der diagnosereife Typ2 mit dem verspäteten Teil seiner Insulinantwort häufig noch mehr Insulin ausgibt, als tatsächlich gebraucht wird. *Rechtsverschiebung einer überschießenden Insulinsekretion*, habe ich das mal, ich glaube aus Düsseldorf, formuliert gelesen.

Warum wird dann eigentlich trotzdem praktisch ausschließlich die Insulinresistenz und deren Lifestyle-Verstärkung als Ursache für den Typ2 gebetsmühlenartig unendlich wiederholt veröffentlicht?

Bisdann, Jürgen

Offline Joerg Moeller

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die Insulinresistenz hatte ich hier wieder ausgegraben, weil sie aktuell im Initialartikel zum Raucher-Thread zur Erklärung des Typ2 herangezogen wurde,

Okay, aber das gehört bitte nicht ins Erklärbär-Board. Dort bitte nur einfache Grundsatzfragen mit sehr einfach gehaltenen Erklärungen. Zum Diakutieren bitte die anderen Boards benutzen, sonst müssen sich Gäste und Neueinsteiger da auch wieder durch ellenlange Threads kämpfen.

Zitat
und weil ich inzwischen von ner ganzen Reihe Leute weiß, die z.T schon seit über 10 Jahren deutlich über der Referenzbereichsobergrenze beim C-Peptid liegen, aber BZ-mäßig wirklich völlig unauffällig sind.

Dazu kann ich nichts sagen, weil ich deren Laborwerte und 24h-BZ-Verläufe nicht kenne. Bei erhöhtem C-Peptid und entsprechender gentischer Veranlagung würde ich aber gelegentlich mal einen oGTT andenken.

Meine Seite über Diabetes: http://www.diabetesinfo.de/
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hjt

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Moin Jörg,

Zitat
Dazu kann ich nichts sagen, weil ich deren Laborwerte und 24h-BZ-Verläufe nicht kenne. Bei erhöhtem C-Peptid und entsprechender gentischer Veranlagung würde ich aber gelegentlich mal einen oGTT andenken.
Wenn ich BZ-mäßig völlig unauffällig schreibe, meine ich immer nüchtern zuverlässig < 90 und nach den Mahlzeiten immer < 140, und bei stoffwechselgesunden Menschen immer bei normaler Anteilsverteilung der Nahrungsbestandteile, Frühstück also z.B. immer KH-lastig. Wer nach 3 Brötchen zum Frühstück nach 1 Stunde < 140 und nach 2 Stunden < 100 ist, braucht keinen oGTT zur Bestätigung.

Zitat
Kurzfassung für die Profis:
Beim DM2 ist sowohl die zentralnervöse Stimulation als auch die GLP-1 Sekretion vermindert, wodurch die Initialsekretion der Betazellen stagniert.
Das nennt man dann "Sekretionsstarre"
Wenn Stagnieren auf Null Stagnieren der Initialsekretion meint, dann ja. Aber Stagnieren und Starre tragen als Begriffe dem Umstand überhaupt keine Rechnung, dass die Inselzellen häufig noch bis weit über die Diagnosereife hinaus in der Menge völlig ausreichend und überhaupt nicht starr, sondern durchaus angepasst, Insulin ausgeben, nur wie die Rechtsverschiebung der Sekretionskurve so bildhaft sagt, zur falschen Zeit.

Die beginnende Rechtsverschiebung und damit der auffällig erhöhte BZ schon 1 Stunde nach dem Essen lässt sich bei allen angehenden Prädiabetikern messen, auch wenn der 2-Stunden-Wert noch völlig ok ist. Er sagt mit dem Hinweis auf den Regeldefekt de facto wirklich etwas über die wahrscheinliche weitere Entwicklung, ganz im Gegensatz zum sehr vagen Begriff der Insulinresistenz, die zudem mit einer funktionierenden Regelung wahrscheinlich immer unauffällig ausgeglichen wird.

Bisdann, Jürgen

Offline Joerg Moeller

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Wer nach 3 Brötchen zum Frühstück nach 1 Stunde < 140 und nach 2 Stunden < 100 ist, braucht keinen oGTT zur Bestätigung.

Nicht zur Bestätigung, daß keine therapiepflichtige Störung vorliegt, das ist richtig. Aussagekräftiger als ein paar Brötchen ist ein standardisierter oGTT aber trotzdem. Intervenieren im Sinne einer Diätberatung würde ich in dem Fall (DM2 in der Familienanamnese und erhöhtes C-Peptid) aber schon.

Zitat
Zitat
Kurzfassung für die Profis:
Beim DM2 ist sowohl die zentralnervöse Stimulation als auch die GLP-1 Sekretion vermindert, wodurch die Initialsekretion der Betazellen stagniert.
Das nennt man dann "Sekretionsstarre"
Wenn Stagnieren auf Null Stagnieren der Initialsekretion meint, dann ja. Aber Stagnieren und Starre tragen als Begriffe dem Umstand überhaupt keine Rechnung, dass die Inselzellen häufig noch bis weit über die Diagnosereife hinaus in der Menge völlig ausreichend und überhaupt nicht starr, sondern durchaus angepasst, Insulin ausgeben, nur wie die Rechtsverschiebung der Sekretionskurve so bildhaft sagt, zur falschen Zeit.

Ich schrieb bewußt "man", denn das nenne dann nicht nur ich Sekretionsstarre, sondern das wird allgemein so genannt. Du kannst es gern Rechtsverschiebung nennen, ist aber das Gleiche.

Zitat
Die beginnende Rechtsverschiebung und damit der auffällig erhöhte BZ schon 1 Stunde nach dem Essen lässt sich bei allen angehenden Prädiabetikern messen,

Nein. Es gibt auch die, die keine Probleme mit der Initialsekretion haben. (Sind aber nicht viele. so ca. 10-20% wenn ich mich recht erinnere)
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hjt

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Moin Jörg,

Zitat
Nein. Es gibt auch die, die keine Probleme mit der Initialsekretion haben. (Sind aber nicht viele. so ca. 10-20% wenn ich mich recht erinnere)
Die 10-20%, die in diesem Zusammenhang immer genannt werden, beziehen sich auf den traditionellen 2-Stunden-Wert. Nach 1 Stunde sind tatsächlich die BZs aller Betroffenen zu 100% auffällig hoch. Nur gilt 1 Stunde in der Messtradition nicht als angemessener Messzeitpunkt, obwohl längst Studien wie diese zu einer dringenden Überprüfung einladen.

Bezeichnungen wie Sekretionsstarre stammen alle noch aus der Zeit, als das Wissen nicht mehr her gab. Damals ging man ja auch schlicht davon aus, dass dem Typ2 auf die Diagnose hin so langsam das Insulin aus geht. Sogar Ärzte, die in der Tradition gelernt haben, behaupten heute noch steif und fest, dass ein frisch diagnostizierter Typ2 gesamtmengenmäßig viel zu wenig Insulin produziert und unmöglich so viel produzieren könnte, dass es 2 Stunden nach dem Essen von z.B. mehreren Brötchen für ne reaktive Hypo reicht.
Und diese alten Bezeichnungen bestimmen tatsächlich auch dann häufig unsere spontane Vorstellung, wenn wir kopfmäßig gelernt haben und wissen, wie es sich tatsächlich ganz anders verhält.

So steht in dieser Tradition auch die noch immer recht unbedenkliche Verordnung von Sekretionsboostern, die häufig zur deutlich erhöhten Ausschüttung von Proinsulin führen, das in dringendem Verdacht der Gefäßschädigung steht, aber das ist hier ja eigentlich schon OT.

Bisdann, Jürgen