Zuallererst mal: das sollte man ausprobieren, denn nicht jeder Mensch reagiert gleich auf Insulingaben.
Norbert hat schon recht mit dem was er sagt. Die verschiedenen Faktoren, die wir im Laufe des Tages anwenden sind ja deshalb so verschieden, weil die ganzen Hormone, die die Insulinwirkung verschlechtern je nach Tageszeit unterschiedlich stark aktiv sind.
Aber: wenn sich das so strikt nach der Uhrzeit richten würde, dann müssten Menschen auf einem anderen Kontinent (in einer anderen Zeitzone) die Faktoren ja auch an einer anderen Stelle haben, als wir das gewohnt sind. Z.B. den höchsten Faktor nicht wie bei uns morgens, sondern mittags, abends oder nachts. Dem ist aber nicht so.
Wenn also - egal in welcher Zeitzone man lebt -der höchste Faktor immer morgens ist (auch da gibt es Ausnahmen, die es aber auch hier in Europa gibt), dann muß also etwas anderes diese Hormonaktivität beeinflußen.
Und das ist in der Tat die Ruhephase des Körpers. Manche Hormone sind z.B. da, um die Blutgefäße enger zu stellen, damit das Blut besser zum Herzen zurückgepumpt werden kann. enn da nicht genug Druck auf der Leitung ist, dann würde es nicht gegen die Schwerkraft ankommen. Und die Wirkt nunmal auch auf das Blut ein, wenn wir stehen, gehen oder sitzen.
Wenn man schläft und kein Tier ist, dann liegt man normalerweise waagerecht. D.h. es muß weniger Druck aufgewendet werden, damit das Blut auch zum Herzen fließen kann. Also braucht es auch weniger Hormone, die den Blutdruck stabilisieren. Und weniger Hormone = weniger Beeinflußung der Insulinwirkung = niedrigere Faktoren.
Gerade durch das Aufstehen werden viele dieser Hormone ausgeschüttet. Wenn nicht schlägt die Schwerkraft zu und es wird einem schwarz vor Augen, wenn man sich zu schnell aufsetzt. Einige kennen das ja sicher; der Mediziner nennt das dann "orthostatische Dysregulation". Das heißt der Körper reagiert zu langsam mit einer Engstellung der Blutgefäße und das Blut versackt - der Schwerkraft folgend - nach unten und im Oberstübchen gehen die Lichter aus.
Ein Teil der Hormone (z.B. das Wachstumshormon) brauchen schon so ein bis zwei Tage, bis sie sich völlig umgestellt haben an die neue Aufstehzeit. Bei anderen ist das tatsächlich vom tagesaktuellen Aufstehzeitpunkt abhängig. Dafür wird z.B. der Aufstehbolus ("Morgengupf") gebraucht. Pumpenträger kennen das: programmiert man den in seine Basalraten mit ein klappt das nur, solange man immer zur gleichen Zeit aufsteht. Schläft man dann mal länger gibt es eine Hypo.
Bei denen, die morgens frühstücken versteckt er sich oft im Frühstücksbolus. Lassen die dann mal das Frühstück ausfallen kann es sein, daß der BZ 2-3 Stunden nach dem Aufstehen gestiegen ist.
Ich frühstücke z.B. nie (Naja, von der Tasse Kaffee und der Morgenzigarette mal abgesehen
) und daher kenne ich meinen Aufstehbolus: 2,5 IE
Wenn ich die gebe halte ich meinen Wert bis zum Mittag (bzw. die nächsten 3-4 Stunden). Stehe ich morgens nur mit 70-80 auf gebe ich nur 2,0 IE und liege dann 3-4 Stunden später bei 100.
Fazit: den kompletten Morgenbolus gegen 11 (wenn man sonst viel früher aufsteht) würde ich nicht unbedingt nehmen. Aber zumindest den Aufstehbolus. Und wenn man den nicht kennt, weil man morgens immer frühstückt (und er darin enthalten ist) kann man die Tests, wieviel man dann braucht z.B. so beginnen, indem man den Mittelwert aus Morgen- und Mittagsfaktor nimmt. (Beispiel: Morgens 3 IE pro BE und Mittags 1 IE pro BE = 3+1=4 geteilt durch 2 gleich 2 IE)
Dabei gilt (wie bei allen Änderungen):
Erst mit dem behandelnden Diabetesteam besprechen und immer vorsichtig herantasten. Lieber erst etwas weniger nehmen und nach und nach erhöhen als eine Hypo in Kauf nehmen.