Autor Thema: Steigender BZ beim Sport  (Gelesen 28410 mal)

Offline Joerg Moeller

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Steigender BZ beim Sport
« am: April 01, 2005, 10:03 »
Hallo Freunde,

ich hatte neulich einen Plausch mit Angela, und dabei sind wir auf weitere Gründe gestoßen, warum der BZ beim Sport auch steigen kann.

Ein untrainierter Muskel bezieht seine Energie (ATP; Adenosintriphosphat) vorwiegend aus Glucose. Dabei fällt quasi als Abfallprodukt Laktat an. Laktat in größeren Mengen hat aber die Eigenschaft, das Blut sauer zu machen (=Laktatazidose). Und in einer Azidose hat das Insulin es schwerer ordentlich zu wirken.

Zudem fordert der Muskel dann vermehrt Glucose an, was die Leber ihm durch Glucoseneuproduktion (Gluconeogenese) und Abbau der Zuckerspeicher (Glykogenolyse) bereitstellen will. Und zur Gluconeogenese verwendet sie eben vorwiegend Laktat.

Um das an einem Beispiel deutlich zu machen: der Kohlenmann (Leber) kriegt von seinem Kunden (Muskelzelle) eine neue Bestellung über Kohle (ATP). Daraufhin nimmt er sich die leeren Säcke (Laktat), die der Kunde ihm zurückgeschickt hat (über die Blutbahn) und füllt sie mit neuer Kohle (ATP) auf, die er ihm dann (über die Blutbahn) zuschickt. Außerdem hat er schon fertige Säcke "auf Halde" (Leberglykogen) und kann die auch abschicken.

Was macht jetzt das Insulin?
Insulin hat ja mehr Aufgaben, als nur den Zucker in die Zelle zu befördern. Es wirkt auch an der Leber.
Zum Einen kann es die Gluconeogenese und Glykogenolyse ausbremsen, zum anderen kann es die Vorräte der Leber (die Glykogenspeicher) auffüllen, indem es die Bildung von Glykogen fördert.

Was bedeutet das in der Praxis?
Sport und zuwenig Insulin: Die Leber wird nicht ausgebremst und kann munter Glucose abgeben. Die Muskelzelle hat aber ohne ausreichend Insulin Schiwierigkeiten, da ranzukommen.
Folge: der BZ steigt stark an, weil die Muskelzelle ja von den Problemen der Leber nichts weiß und immer mehr Glucose anfordert.

Sport und zuviel Insulin: Die Muskelzelle fordert Glucose an, aber die Leber wird vom Insulin zu stark ausgebremst; kann daher nicht genug liefern. Statt dessen sorgt das Insulin in der Leber für eine weitere Einlagerung von Glucose (und auch die Muskelzellen bekommen etwas ab).
Folge: Der BZ sinkt, weil der Nachschub an neuer Glucose (neo = neu) ausbleibt; es kommt zur Hypo.

Diesen Engpass kann die Muskelzelle noch eine Zeitlang überbrücken, denn auch sie hat kleine Glykogen-Vorräte. Aber nach dem Sport sind die dann auch ziemlich leer und der Muskel will sie wieder auffüllen. Dabei wirkt das Insulin dann stärker als sonst und es kann auch Stunden nach dem Sport noch zu einer Hypo kommen, wenn man diese stärkere Insulinwirkung nicht berücksichtigt.

Anders beim trainierten Muskel: der hat schon Erfahrung mit dieser Art von Arbeit gemacht und hat quasi gelernt, daß er viel mehr Energie aus Fetten gewinnen kann. Daher zapft er nur zu Beginn des Sports die Glucose an, greift dann aber schneller als sein untrainierter Kollege auf die Fette zurück.

Wie ja sicher noch jeder aus seiner Schulung weiß: Fett hat doppelt so viel Energie (kcal.(kjoule) wie Kohlenhydrate.

Und wer noch mehr und genauer über "Die muskuläre Energiebereitstellung im Sport" lesen will, der wird hier fündig: http://gin.uibk.ac.at/thema/sportundernaehrung/energiebereitstellung.html
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Offline Angela

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Re: Steigender BZ beim Sport
« Antwort #1 am: April 01, 2005, 16:23 »
Wie sind wir darauf gekommen?  :gruebeln:
Ich mache seit einiger Zeit Pilates. Ich weiß nicht ob ihr wisst was das genau ist. Hier mal ein kleiner Überblick http://www.pilates.at/was/vorteile. Und wie ihr hier lesen könnt werden bei Pilates die tieferliegenden Muskeln trainiert. Also Muskeln die bei einem normalen Training nicht trainiert werden. Tja, und meine armen Muskeln sind jetzt etwas durcheinander.  ;D
Ich mache allerdings 2 Stunden: 1 Stunde Pilates, 1 Stunde Fatburning. Ich esse brav 4 BE und spritze die Hälfte. Und nachher bin ich immer über 300.  :kreisch: Hab ich natürlich nicht verstanden und hab mal Jörg gequält. Und das Ergebnis seht ihr eben an Jörgs Beitrag.
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Offline unknown

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Re: Steigender BZ beim Sport
« Antwort #2 am: April 02, 2005, 09:17 »
Hallo Angela,

mich interessiert bei dem Problem Sport und steigender BZ noch folgendes: Mit welchem Puls machst Du das?

Grüßle

unkown

Offline Jo

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Re: Steigender BZ beim Sport
« Antwort #3 am: April 02, 2005, 09:54 »
Danke für die Informationen, das ist momentan ein Thema für mich. Wie gut, dass man hier alles findet  :)

Eines würde mich noch interessieren: Ist es für den BZ "egal", ob man Ausdauertraining oder Krafttraining macht? Ich müsste aus orthopädischen Gründen ein sehr leichtes Krafttraining machen (um meine Rückenprobleme etwas in den Griff zu kriegen). Muss ich da auf dasselbe achten wie beim Ausdauertraining (ich habe mit dem Walken angefangen).

*grübel*

Viele Grüsse

Jo


Offline Angela

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Re: Steigender BZ beim Sport
« Antwort #4 am: April 02, 2005, 12:24 »
Hallo Angela,
mich interessiert bei dem Problem Sport und steigender BZ noch folgendes: Mit welchem Puls machst Du das?
Grüßle unkown
Tut mir leid, das kann ich dir nicht sagen. Bei Aerobic trage ich keine Pulsmessuhr.
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Offline Angela

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Re: Steigender BZ beim Sport
« Antwort #5 am: April 02, 2005, 12:38 »
Eines würde mich noch interessieren: Ist es für den BZ "egal", ob man Ausdauertraining oder Krafttraining macht?
gute Frage  :gruebeln: Aber bei der Ausdauer kommt man mit den Puls auch weiter rauf und darauf muß man schon achten. Wie ich vorher sagte bei Aerobic messe ich den Puls nicht, weil ich keine Uhr tragen will. Was sicher auch nicht richtig ist. Da hab ich es so nach Gefühl gemacht. Ich mache z.B. kein Stepaerobic, weil der Puls da zu sehr rauf geht. Ich mache Fatburning, das geht besser, aber auch erst nach einer Zeit. Und mit Pilates hab ich momentan mords Probs, aber das werd ich eh nur mehr diese Monat machen, weil sich nachher der Plan ändert und ich dann nicht mehr Pirlates machen kann. Wenn du aber Ausdauertraining auf Geräten machst (Laufband, Crosstrainer, Fahrrad, ...) kannst du dort mit einem Pulsgurt den Puls auch messen. Es gibt einen aeroben Pulsbereich - das ist der *gute Bereich* wo Fett abgebaut wird - und den anaeroben Teil wo BZ abgebaut wird, und da kanns natürlich Gefährlich werden. Krafttraining is da besser, wobei man natürlich auch einiges beachten muß....... aber ich will jetzt nicht mehr darüber schreiben.  :)
Ich müsste aus orthopädischen Gründen ein sehr leichtes Krafttraining machen (um meine Rückenprobleme etwas in den Griff zu kriegen).
Naja da solltest du aber gezielte Übungen machen. Wo kannst du das machen? Ich denke dazu brauchst du eine Physiotherpeuten. Wir im Studio haben so einen. Es gibt aber sicher bei euch irgendwelche Istitute die speziell für solches Training zuständig sind.
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Offline LordBritish

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Re: Steigender BZ beim Sport
« Antwort #6 am: April 02, 2005, 17:30 »
Ich hatte damals beim Sport auch ab und an ein für mich komisches Phänomen welches ich mir nicht erklären kann.
Wenn ich jetzt Sport gemacht hatte und vorher normal gegessen und fürs Essen "gespritzt" (Pumpe) und zusätzlich für
den Sport BE´s zu mir genommen hatte, hatte ich anschließend eine Hypo.
Beispiel : 3 BE gegessen 3 I.E. + 2 Sport-BE
BZ ca. 50-60 mg/dl

Wenn ich jetzt aber die Sport-BE´s nicht zu mir genommen habe und anstatt dessen bei der Mahlzeit nur für die
BE´s gespritzt habe die ich nicht als Sport-BE genommen hätte, habe ich bei gleicher Tätigkeit und Tageszeit
einen hohen Wert gehabt.
Beipiel : 3 BE gegessen 1 I.E. "gespritzt" Keine zusätzlichen BE´s für den Sport
BZ nachher so um die 300 mg/dl
Zwischen der Mahlzeit und dem Sport lag ein Abstand von ca. 30 Minuten.

Für mich ist das unerklärlich, also habe ich die letzte Variante nach kurzer Zeit nicht mehr angewendet.

Offline Joerg Moeller

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Re: Steigender BZ beim Sport
« Antwort #7 am: April 02, 2005, 21:24 »
Eines würde mich noch interessieren: Ist es für den BZ "egal", ob man Ausdauertraining oder Krafttraining macht?

Das kommt so ein bißchen auf die Art und Weise des Krafttrainings an. Bei kurzen Belastungen greift der Muskel eher erstmal auf die Glucose als Energieträger zurück. Die ist nicht so ergiebig wie Fett, aber dafür schnell verfügbar.
Dafür sind dann nach dem Training aber die Reserven des Muskels relativ aufgebraucht (wie beim Ausdauertraining auch) und man muß auch nachher noch mit dem Insulin vorsichtig sein.

Eine konkrete Faustregel gibt es dafür aber nicht, weil das alles auf den Trainingszustand, den eigenen Biorhythmus (und somit auf die Tageszeit) und auf Art und Dauer der Belastung ankommt.

Ergo: ausprobieren und vorsichtig rantasten.
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Offline Joerg Moeller

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Re: Steigender BZ beim Sport
« Antwort #8 am: April 02, 2005, 21:28 »
Beispiel : 3 BE gegessen 3 I.E. + 2 Sport-BE
BZ ca. 50-60 mg/dl

Das sieht nur auf den ersten Blick grauslich aus. Ist eigentlich ganz gut, denn da hätte ich einfach versucht, mit zusätzlichen 1-2 langsamen BE zu unterstützen.

Die Sport-BE sorgen dann dafür, daß du während des Sports nicht abkippst und die langsamen für die Zeit nach dem Sport.

Zitat
Beipiel : 3 BE gegessen 1 I.E. "gespritzt" Keine zusätzlichen BE´s für den Sport
BZ nachher so um die 300 mg/dl

Ja klar: relativer Insulinmangel (siehe Erklärung oben hinsichtlich Laktat und Gluconeogenese/Glykogenolyse)

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Offline Jo

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Re: Steigender BZ beim Sport
« Antwort #9 am: April 02, 2005, 22:07 »
Hallo, Angela und Jörg,

ja, ich hätte das klarer ausdrücken müssen, sorry. Also: Ich muss auf dringender Empfehlung meines Orthopäden und meines Physiotherapeuten Hantelübungen machen, die zum einen die Schultern und zum anderen den Rücken stabilisieren. Das sind ganz einfache Übungen, wie man das so aus Billigfernsehserien kennt, wenn dort mal in einem Fitness-Center gedreht wird. Man steht aufrecht, hat die Hanteln in den Händen und hebt die Arme vorne, seitwärts und auch leicht nach hinten. Auch leichtes Vorbeugen mit anschliessendem Hantelheben wird gemacht. Ich habe 2 3-Kilo-Hanteln. Mehr ist das nicht. Ich habe auf meinen BZ auch noch keine Reaktion gemerkt, aber bin halt unsicher. Heute abend war ich z.B. unterzuckert, und weiss nicht genau, warum. Vermutlich war die Sahnesauce über den Nudeln Schuld, denn ich habe EXAKT auf die Nudeln hin gespritzt, mit meinem üblichen Abendfaktor (5 BE mit 18 IE). Und anderthalb Stunden später dampfte ich ab wie jeck, konnte mich gar nicht mehr richtig artikulieren und wenn meine Frau mir nicht eine knatschreife Banane zwischen die Zähne geschoben hätte, weiss ich nicht, wo ich gelandet wäre. Unmittelbar nach dem Essen der Banane hatte ich 45, nach 15 Minuten dann 75. Jetzt liege ich bei 95.

Kurz und gut, ich werde wohl mal meine Diabetologin fragen, ob bei dem Hanteltraining was beachtet werden muss, denn mein Orthopäde sagte nur ein unartikuliertes "Häääääh?", als ich ihn danach fragte...  :mauer:

Schönen Abend

Jo